Zwangsvollstreckung gegen Thüringer Kommunen - Bankrotterklärung Thüringens?

Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion der FDP – Drucksache 5/6758

Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion der FDP – Drucksache 5/6758


Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, der Abgeordnete Bergner von der FDP ist ja in einer ähnlichen Situation wie ich, ich bin ja auch Bürgermeister. Das verbindet uns beide. Einige Schlussfolgerungen, die Sie hier gezogen haben, die sehe ich nicht ganz so, aber letztendlich bleibt das Problem. Wenn ich mir mal einige Überschriften ansehe aus der Zeitungsgruppe Thüringen - „Hunderte verzweifelte Bürgermeister verlangen mehr Geld“ vom 16.10. oder überschrieben „Viele Thüringer Gemeinden pleite trotz Millionenüberschuss beim Land“ ebenfalls vom 16.10. -, da mache ich mir schon so meine Gedanken. Wenn ich dann höre, dass das Problem im System liegt, dass das System wohl richtig ist, aber die Grundrichtung nicht so richtig stimmt oder man dreht das um und sagt, die Grundrichtung stimmt und das System funktioniert nicht, so bringt und das letztendlich keinen Zentimeter weiter.


Wenn die CDU-geführte Landesregierung behauptet, alles kann bei den kommunalen Strukturen so bleiben, wie es ist, so sprechen doch die Zahlen, und einige sind hier schon genannt worden, eine völlig andere Sprache. Also wenn ich bei Zwangsvollstreckungen von 14 Kommunen rede, dann ist das einmalig in Deutschland. So etwas gab es überhaupt noch nicht. Wenn ich sehe, dass 97 Kommunen keine Kreisumlage mehr zahlen können - Kleine Anfragen dazu liegen vor, kann sich jeder Abgeordnete selber anschauen -, da fehlen mir ein bisschen die Worte. Ohne Haushalt sind 106 Kommunen, ohne Rücklagen 200 Kommunen. Wenn ich dann noch lese 450 Städte und Gemeinden müssen auf Rücklagen zurückgreifen und das bei einem Gesamtstand von 883 Kommunen, so betrifft das über die Hälfte aller Kommunen und Städte in unserem Land. Wir haben hier also ein Riesenproblem. Ich erinnere in dem Zusammenhang auch an den Antrag meiner Fraktion, jährlich 50 Millionen mehr in den KFA zu geben. Wir hatten uns bei dieser Situation schon ein bisschen was gedacht.


Ich komme jetzt aber, trotz alledem, noch einmal zu meinem Ausgang zurück. Wenn ich mich dann aber hinstelle und sage, ich brauche hier nichts zu verändern und sage den Leuten vor Ort, es kann alles so bleiben, sehe mir die Zahlen an, dann habe ich einen Umkehrschluss. Ich drücke Kommunen in andere Strukturen, teilweise auch in Wildwuchs und ich sage es, so wie es ist, es bleibt nirgendwo gegenwärtig stehen. Wenn ich mir meine eigene VG ansehe, in der ich bin, von sieben Gemeinden fünf in der Haushaltssicherung, davon kein genehmigtes Konzept, es gibt auch dazu eine Kleine Anfrage. Das sind unheimliche Probleme. Wir sehen uns gegenwärtig nach Partnern um. Sicherlich kann man jetzt sagen, in der Freiwilligkeitsphase kann man das alles noch machen, da kann man noch gestalten. Aber die Problematik ist, was will ich gestalten, wenn ich am Ende überhaupt nichts mehr in den kommunalen Kassen habe?


(Beifall DIE LINKE)


Die freiwilligen Pflichtaufgaben wie Kultur, Sport usw. bleiben alle auf der Strecke. Wenn ich auf das Schreiben meines Landratsamtes schaue, ich soll bei mir in der Gemeinde den Kultursaal schließen, dort sitzen die Vereine und Verbände. Das Kulturelle bzw. das Leben im Dorf stirbt und dabei bin ich noch eine Kommune, die eigentlich finanziell recht gut ausgestattet ist. Nachbargemeinden machen Haushaltssicherungskonzepte und sparen damit 1,5 tausend € ein, weil sie schon an der Obergrenze der Belastung der Bevölkerung sind.


Wenn wir uns diesem Problem nicht grundsätzlich nähern bzw. das wirklich noch einmal gesamt auf den Prüfstand stellen, dann sehe ich wirklich schwarz. Diesmal habe ich aber kein schwarz an, wie bei der Haushaltsdiskussion am Anfang, sondern ich bin ganz normal gekleidet. Ich möchte auf dieses Problem ausdrücklich hinweisen. Das ist kein Problem, was irgendwo an der Seite vorbeigeht, wenn 50 Prozent unserer Kommunen hier Probleme haben und das können wir auch nicht kleinreden. Ich danke für die Aufmerksamkeit.


(Beifall DIE LINKE)

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