Thüringer Verwaltungsreformgesetz 2018 (ThürVwRG 2018)

Ralf Kalich

Zum Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 6/5826

Zum Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 6/5826

 

Frau Präsidentin, werte Abgeordnete, was uns heute in der Drucksache 6/5826 beschäftigt, hat seinen Ursprung schon viele Jahre in der Vergangenheit. Schon in der 4. Legislatur 2004 bis 2009 – und wir regierten dort nicht, Herr Kowalleck – beschloss die Landesregierung im März 2005 mit dem Konzept zu einer neuen Behördenstruktur Leitvorstellungen für den Umbau der Verwaltungen. Wenn Sie gestatten, Frau Präsidentin, zitiere ich: „Alle Bereiche der Landesverwaltung, die Sonderbehörden sowie die landeseigenen Beteiligungen und Gesellschaften, auch in Verzahnung mit der Kommunalverwaltung, sollten auf ihren Bestand und Umfang überprüft werden.“

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Dies ist nicht etwa ein Satz aus dem Gesetzentwurf oder des Gesetzestextes, der oben in der Drucksache genannt war, sondern vielmehr ein Zitat aus dem Bericht der Expertenkommission Funktional- und Gebietsreform. Ich erinnere an das sogenannte „Blaue Wunder“; viele jüngere Abgeordnete werden sich gar nicht daran erinnern können.

 

(Zwischenruf Abg. Wolf, DIE LINKE: Mike Mohring schon!)

 

Sie beruht auf dem Koalitionsvertrag der Landesregierung aus dem Jahr 2009 und ist am 21. September 2012 durch die damalige Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht berufen worden. Sie sehen, dass diese Regelungsbedürfnisse schon einen längeren Anspruch auf Umsetzung in der Landesregierung vor unserer Zeit hatten. Eine auch nur ansatzweise Umsetzung gelang der damaligen CDU-Landesregierung aus den unterschiedlichsten Gründen nicht, denn es fehlte ihr der Mut, eine wirkliche Veränderung der Verwaltung einzuleiten.

 

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Sie brauchten Stellen zur Versorgung ihrer Leute! Das war der Hauptgrund!)

 

Man stolperte augenscheinlich über das eigene Papier und blieb liegen, der Kopf rutschte in den Sand und verließ ihn nicht mehr. Mit dem heute vorliegenden Gesetz berufen wir uns somit auch auf die Ergebnisse der damaligen Expertenkommission. Wir gehen damit einen großen Schritt, um eine zweistufige Verwaltung auf Landesebene umzusetzen, um eine spätere Zweistufigkeit der gesamten Verwaltung zu erreichen. Somit können wir klarstellen, dass die viel geäußerte Kritik, dass die Landesregierung bei der Verschlankung der Verwaltung mit Vorbild vorangehen muss, nicht nur Gehör gefunden hat, sondern auch zu konkreten Schritten führt. Wir können feststellen, dass Rot-Rot-Grün eine umfassende Verwaltungsreform auf den Weg bringt. Mit dem Thüringer Verwaltungsreformgesetz werden durch die Verschmelzung von Behörden und Einrichtungen fünf neue Behörden errichtet, drei beim Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft und jeweils eine beim Umwelt- und Finanzministerium. Insgesamt wird sich dadurch die Anzahl der Landesbehörden und Einrichtungen um 17 verringern. Mit dem Gesetz sind über 120 Gesetze und Verordnungen geändert. Damit erfolgt die rechtliche Umsetzung der von der Landesregierung beschlossenen Umstrukturierung der Landesbehörden und Einrichtungen. Begleitet werden die gesetzlichen Regelungen von weiteren außergesetzlichen Maßnahmen. So sollen behördenübergreifende Aufgaben in einzelnen Ressorts gebündelt werden. Im Einzelnen sollen mit der Umsetzung des Gesetzes folgende Behörden errichtet werden: das Landesamt für Bodenmanagement und Geoinformation durch Verschmelzung des Landesamts für Vermessung, Geoinformation und der für Flurbereinigung und Flurneuordnung zuständigen Teile der drei Ämter für Landentwicklung und Flurneuordnung; das Landesamt für Landwirtschaft und ländlichen Raum durch Verschmelzung der Landesanstalt für Landwirtschaft, der sieben Landwirtschaftsämter, der nicht nur für die Flurbereinigung und Flurneuordnung zuständigen Teile der drei Ämter für Landentwicklung und Flurneuordnung, der Lehr- und Versuchsanstalt Gartenbau sowie der für landwirtschaftliche Aufgaben zuständige Teil des Referats ländlicher Raum des Landesverwaltungsamts; das Landesamt für Bau und Verkehr durch Verschmelzung des Landesamts für Bau und Verkehr, der vier Straßenbauämter und des Landesbetriebs Thüringer Liegenschaftsmanagement; das Landesamt für Umwelt, Bergbau und Naturschutz durch die Umgestaltung des rein naturwissenschaftlich-technisch ausgerichteten Landesamts für Umwelt und Geologie zu einer Landesbehörde für die Bereiche Umwelt, Wasserwirtschaft, Bergbau, Strahlenschutz, Chemikaliensicherheit, Immissionsschutz, Bodenschutz, Abfallwirtschaft, Energie, Naturschutz und Landschaftspflege und durch die Integration des Landesbergamtes sowie der zugehörigen Abteilung des Landesverwaltungsamtes; und das Landesamt für Finanzen unter Herauslösung der steuerfachlichen und dazu anteiligen Querschnittsaufgaben aus den bisherigen Landesfinanzdirektionen und deren Auflösung.

 

Werte Präsidentin, werte Abgeordnete, die zwingende Notwendigkeit der Reform ergibt sich bereits daraus, dass bis zum Jahr 2025 13.300 Beschäftigte von den insgesamt 54.000 Landesbediensteten aus dem Landesdienst ausscheiden werden. An dieser Stelle sei es mir gestattet zwei konkrete Beispiele aus den Ministerien, die die Notwendigkeit untermauern, aufzuzeigen. Allein durch die Behördenstrukturreform im Bereich des Thüringer Ministeriums für Infrastruktur und Landwirtschaft, bei welcher 19 Behörden, Anstalten und Einrichtungen und drei Landesbetriebe zu drei Landesoberbehörden zusammengefasst werden, sparen wir im Jahr 2020 6 Millionen Euro und ab 2026 44 Millionen Euro jährlich. Entsprechend einer Antwort in der Drucksache 6/6035 antwortete Minister Prof. Dr. Hoff für die Regelungen, die den Geschäftsbereich des Thüringer Finanzministeriums betreffen, eine jährliche Einsparung von etwa 125.000 Euro. Wenn ich demgegenüber die geschätzte einmalige Ausgabe von 285.000 Euro stelle, haben sich die Kosten für die Einführung der Zweistufigkeit bereits nach zwei Jahren amortisiert.

 

Werte Präsidentin, werte Abgeordnete, in dem Ihnen vorliegenden Thüringer Verwaltungsreformgesetz finden Sie einzelne Teilbereiche wie zum Beispiel Polizei und Bildung nicht. Die von der damaligen CDU-Landesregierung angedachten massiven personellen Einsparungen in diesem Bereich lehnen wir ausdrücklich ab,

 

(Beifall DIE LINKE)

 

denn sie beruhten auf einer massiven Fehleinschätzung der strukturellen Entwicklung des Landes.

 

(Zwischenruf Abg. Kräuter, DIE LINKE: Sehr gut!)

 

Im Gegenteil: Die Landesregierung nutzt alle Möglichkeiten, die sich bieten, um die verursachte personelle Schwächung auszugleichen.

Werte Präsidentin, werte Abgeordnete, nach den umfassenden Abwägungsprozessen in den jeweiligen Fachressorts sowie dem intensiven Austausch in Anhörungen und weiteren Beratungen mit den kommunalen Spitzenverbänden, den Vertretern von Gewerkschaften und Berufsverbänden sowie weiteren Interessenverbänden ist die vorgeschlagene Lösung ein Beitrag, die Leistungen im Bereich der Daseinsvorsorge für die Bürgerinnen und Bürger sowie für die Wirtschaft bürgernah, effizient und bürgerfreundlich zu gestalten. Wir werden als Fraktion selbstverständlich dem Gesetzentwurf der Landesregierung sowie dem Entschließungsantrag der Fraktionen der Regierungskoalition zustimmen. Ich danke für die Aufmerksamkeit.

 

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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