Straßenbau in Thüringen: Erhalt vor Ausbau

Ralf Kalich
RedenRalf Kalich

Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 7/7510

Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 7/7510

 

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, bevor ich hier beginne, möchte ich mal ein Wort an meinen Kollegen Bergner richten. Ich mache das ja allzu gern von hier. Frei zu entscheiden, ist für mich nicht, mit dem Auto zu fahren, sondern zu entscheiden, ob ich mit dem Auto, mit der Bahn oder mit dem Bus fahre.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Das ist für mich eine freie Entscheidung im Verkehr.

 

Das Thema der Aktuellen Stunde spiegelt das konzeptionelle Herangehen der Landesregierung und Thüringens bei dem Umgang mit den Landesstraßen wieder. Bei der Einstellung des Landesstraßenbedarfsplans 2030 wurden die Grundlagen für die zukünftige Planung der Landesstraßen eindeutig formuliert. Erhalt, Sanierung und Um- und Ausbau vor Neubau. Lange Zeit wurde der Zustand der Infrastruktur in Deutschland und auch in Thüringen auf Verschleiß gefahren. Das betraf im besonderen Maße das Schienennetz, für das der Bund verantwortlich ist, aber auch in Teilen das Straßennetz, das besonders infolge der zunehmenden Verkehrsbelastung litt. Nicht nur der Zustand vieler Brücken wurde als bedenklich eingestuft, auch der Ruf nach Lärmschutzwänden, der Beseitigung von Engstellen sowie nach Ortsumgehungen wurde immer lauter. Das betrifft auch viele Thüringer Kommunen und in großen Teilen auch das Landesstraßennetz.

 

Aufgrund des bislang über Jahre fehlenden politischen Willens im Bund, die Schieneninfrastruktur vorrangig und mit wesentlich mehr Mitteln auszubauen, wurde immer mehr von dem zunehmenden Güterverkehr auf die Straße verlagert. Im Gegenteil, vielfach wurden Gleise von Überholspuren abgebaut, Bahnstationen vernachlässigt oder verkauft, Strecken stillgelegt, die Masse der Finanzmittel in den Ausbau von Autobahnen und Bundesstraßen umgelenkt. Ich erinnere nur an die von Verkehrsminister Ramsauer umgesetzte Strategie: Straße finanziert Straße. Erst in jüngster Zeit wurden hier Veränderungen sichtbar, aber sie sind noch immer nicht ausreichend.

 

Im oben erwähnten Landesstraßenbedarfsplan Thüringens ist sowohl die Aufgabe des Erhalts unter notwendigen Sanierungen vorhandener Infrastruktur als Kernstück des langfristigen Einsatzes von Haushaltsmitteln fixiert als auch eine durch Umweltbetrachtungen und Partizipation entstandene Strategie über mögliche Um-, Ausbau- und Neubauvorhaben auf dem Tisch. Einbezogen wurden Kriterien wie Verkehrsbelastung, Lärmschutz, Umweltverträglichkeit und Verkehrssicherheit. Insgesamt werden 90 Prozent der veranschlagten Haushaltsmittel für den Erhalt, den Um- und Ausbau der vorhandenen Landesstraßen eingesetzt. Hervorheben kann man in diesem Zusammenhang die Zielstellung, dass im Zuge seiner Abarbeitung durch Erhaltungsmaßnahmen 32 hoch- bis mittelbelastete Ortschaften im Freistaat eine Verbesserung oder eine Ortsumfahrung erhalten. Ebenso sind rund 50 Brücken im Freistaat nur eingeschränkt nutzbar. Hier und an weiteren Infrastrukturbauwerken werden nach regelmäßiger Prüfung Substanzsicherungsmaßnahmen durchgeführt. Der Um- und Ausbau erfolgt vorrangig zur Beseitigung der ermittelten Unfallstellen zum Entfernen von Engstellen und besonderer Lärmbelastung sowie in dem Fall, wenn ohnehin zeitnah eine grundhafte Instandsetzung ansteht. Es ist unumgänglich, solche Maßnahmen durchzuführen. Allein in meiner Umgebung fallen mir genug Beispiele dafür ein. Aber Kreativität wie zum Beispiel durch die Bürgerinitiative in Gefell an der B 2 zeigen, wie Kosten gespart werden können. Allein dort lagen die Kosten vor zwei Jahren für einen möglichen Neubau bei über 11 Millionen Euro. Lärmbelästigung und Sicherheit konnten erhöht bzw. eingestellt werden. Die B 2 ist für Fahrzeuge über 7,5 Tonnen in dem Bereich gesperrt. Die parallel verlaufende Autobahn wird dazu genutzt, um den Verkehr umzuleiten.

 

Unsere Fraktion setzt sich generell dafür ein, mehr Verkehr auf die Schiene zu verlagern, vorhandene Strecken besser auszulasten und schrittweise die Reaktivierung für den Güterverkehr so wichtiger Schienenwege wie der Höllentalbahn vorzubereiten. Weit über 200.000 Tonnen könnten dort verlagert werden. Dann brauchte man auch die A 9 nicht mehr, denn man könnte über die Schiene fahren und könnte den Verkehr insgesamt von der Straße verbannen.

 

Aber auch für bessere Anbindungen des ländlichen Raums durch ein gutes Busnetz, den Verkehr zu Bahnhöfen und den Individualverkehr ist der Erhalt eines sicheren Straßennetzes samt dem Ausbau des Radwegeverkehrs notwendig. Gerade beim Radverkehr gilt es, den Blick vom reinen Tourismus auf den Individualverkehr zu lenken. Neubauvorhaben im Landesstraßennetz sollen nicht nur der vorgegebenen Kosten-Nutzen-Analyse und der bestehenden Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen werden, sondern verstärkt auf ihre Notwendigkeit in Bezug auf mögliche Maßnahmen zur Verkehrsverminderung geprüft werden. Wir werden uns also in Zukunft noch öfter mit diesem Thema beschäftigen müssen und Gesamtlösungen finden müssen. Danke.

 

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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